Hat Erleuchtung etwas mit der Suche nach Wahrheit oder Erkenntnis zu tun?

Aber sowas von. Kennen sie den Film Matrix? Erinnern sie sich an die Szene, in der Neo aus dieser erwacht und das erste mal seine (richtigen) Augen öffnet? „Warum tun meine Augen so weh?“ fragt der Erwachte in diesem ersten Moment außerhalb der Matrix. „Weil du sie noch nie benutzt hast“ lautet darauf die Antwort von Morpheus, die den Kern der Spiritualität aus meiner Perspektive ziemlich genau auf den Punkt bringt. 

Ein gängiges Missverständnis in der Idee, die die meisten modernen Menschen in ihrer rationalen Logik zu haben scheinen, ist die Annahme, es handle sich bei der Spiritualität um eine Art Wohl-Fühl-Oase zum Abschalten, ein bisschen Achtsamkeit hier, ein bisschen Meditation da, für die Menschen, die „sowas eben brauchen“. 

Viele, die sich wenig bis gar nicht und wen nur oberflächlich mit der Spiritualität, der spirituellen Evolution und dem Weg der Erleuchtung befasst haben, scheinen in der Spiritualität also tatsächlich eher eine gleichwertige Alternative zum abendlichen Fernsehprogramm zu sehen. 

Und selbst unter jenen, die sich tiefgreifender mit der Materie befassen, scheint es eine nicht unerhebliche Zahl an Menschen zu geben, die in der Erleuchtung entweder lediglich die Steigerung der eigenen Leistungsfähigkeit im Sinne der krankhaften Moderne (ich muss noch bewusster, freier, erleuchteter werden) oder gar das reine, hedonistische Vergnügen der egoistischen Selbstbefriedigung, anzustreben scheinen. 

Verstehen sie mich bitte nicht falsch, die Selbstsucht kann im Sinne Oshos (wir werden an an anderer Stelle noch darauf eingehen) eine wunderbare Sache sein. Doch zu denken, dass das Erwachen aus der Matrix und der Eintritt in Phänomene der Erleuchtung ohne einen Preis und damit quasi in unserer Komfortzone zu erringen sei, ist, gelinde gesagt, mehr als nur naiv. 

Wie Morpheus es an einer Stelle im bereits zitierten Film auch so schön auf den Punkt bringt: „Alles, was ich dir anbiete, ist die Wahrheit, nicht mehr.“ Betrachten wir Erleuchtung, wie ich dies bis hierhin an einigen Stellen ja bereits getan habe, unter anderem als das Erfahren des reinen Gewahrseins/Bewusstseins, so könnte man in gewisser Weise auch sagen, dass Erleuchtung in der Erkenntnis und Erfahrung über das wahre Wesen der Wirklichkeit besteht. Doch die Annahme der Wahrheit ist eben auch meistens mit Schmerzen verbunden, wie dies bei meiner Erfahrung nach fast allen Wachstumsprozessen der Fall ist (da man sich hierbei eben aus seiner Komfortzone heraus und damit auf die Gebiete des Unbekannten bewegt, das mit Unsicherheit, Angst und Negation des bisher Vertrauten verbunden ist).

Vereinfacht gesagt: Einer der größten Motoren beziehungsweise Katalysatoren für Entwicklung (und somit auch für Erleuchtung) ist der Faktor Schmerz. Die rote statt der blauen Kapsel zu wählen und aus einem System zu erwachen, mit dem man sich vielleicht bereits sein ganzes Dasein über vollkommen identifiziert hat, kann sogar, entschuldigen sie meine Ausdrucksweise, scheiße verdammt noch mal weh tun. In meiner eigenen spirituellen Evolution bin ich sogar einige Prozesse durchlaufen, in denen Teile von mir sich sehr nach dem Komfortzone, dem Vertrauten, ja gar nach der Lüge der Matrix zurückgesehnt haben, einfach, weil einem ab bestimmten Ebenen der Entwicklung und des Bewusstseins niemand mehr so richtig sagen kann, wo es für einen lang geht. 

Also ja, Erleuchtung hat etwas mit Wahrheit zu tun. Ja, diese Wahrheit kann an mancher Stelle extrem schmerzhaft sein. Und ja, ein Teil von einem wünscht sich auf dieser Reise vermutlich sogar an einigen Stellen, die blaue statt der roten Kapsel geschluckt zu haben und versucht in Folge dessen, zurück zu rudern beziehungsweise sich wieder der Konformität der Masse und Wahrheit des Systems anzugleichen, um wieder ein sicheren Boden unter den Füßen zu bekommen.

Doch wenn sie sich auch an das Ende von Matrix erinnern, dann wissen sie sicher auch noch, wie Neo als Erwachter in den Himmel abhebt. Und glauben sie mir, zu fliegen macht wesentlich mehr Spaß, als am Boden haften zu bleiben. Davon ganz abgesehen, dass es zur schöpferischen Welt ohne Limitationen, wie es in Inception so schön gesagt wird „nichts vergleichbares gibt“, und diejenigen, die sich auf diesen Prozess wirklich einlassen können, von dem, was das System ihnen anstelle dessen anzubieten hat, vermutlich (so wie ich) einfach furchtbar gelangweilt sein werden.

Erleuchtung ist Wahrheit, Wahrheit ist Erleuchtung. 

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Kann Erleuchtung durch bestimmte Lebensentscheidungen oder Verhaltensweisen verhindert oder verzögert werden?

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Wie kann man erleuchtet werden?